Google und Privatsphäre ist für mich ein bisschen wie
Dill-Chips und Gesundheit: Vermutlich äußert schädlich, aber ich mag das Produkt zu sehr, um mir erlauben zu können, kritisch zu sein.
Außerdem hatte ich stets das Gefühl, Google würde sehr offen mit Kritik umgehen und auch technische Details relativ offen teilen.
Allerdings, seitdem ich mir eines dieser schicken Android-Schmierklötze gekauft habe, fällt mir immer mehr auf, wie schnell Googles Datenquellen-Harmonisierung nervend bis gefährlich wird.
Es begann damit, dass ein Arbeitskollege mir eine Einladung zu Googles wer-weiß-wofür-man-das-braucht-Service
Wave geschickt hatte; die anzunehmen erforderte die Erstellung eines Google Mail Kontos. Weil mein echter Name bei weitem kein eindeutiger Bezeichner ist und daher schon mehrfach vergeben war, erstellte ich eine Gmail-Adresse mit einem relativ bescheuerten Nutzernamen, sagen wir
hotzenplotz*. Natürlich ahnte ich da nicht, dass ich mich soeben in der Church of Google getauft hatte.
Von da an ging zuerst mal alles gut, da mein Google Konto vorerst noch an eine andere Mailadresse gebunden war. Dann kam das Handy: Android war beim Einrichten sämtlicher Dienste - Kalender und Google-Sync - der Meinung, ich bräuchte auch Gmail, aktivierte es, machte es zu meiner primären Mailadresse und änderte den Nutzernamen meines Kontos.
Von nun an, verwendet hotzenplotz@gmail.com sein Android Handy. Dem Chef auf sein Email, von seinem Handy aus, antwortet hotzenplotz@gmail.com. Will man eine Bluetooth Kontaktinformationskarte von mir, erhält man diese - natürlich - von hotzenplotz@gmail.com.
Tollerweise verwendet mein Arbeitgeber auch einen Google-Kalender um Angestellte ihre Urlaubstage eintragen zu lassen: Ihr ahnt es schon, hotzenplotz ist auf Urlaub.
Eine Konfigurationsorgie, auf Augenhöhe mit Facebooks Datenschutzeinstellungen, führte dazu, dass mein eindeutiger Bezeichner wieder meine alte Mailadresse war. Machte ich mich folglich schleunigst daran, meine Gmail-Adresse zu löschen, was Google mit ein bisschen Widerwillen und oftmaligem Nachfragen auch erledigte.
Allerdings, ist Google nun überzeugt, mein Nutzername sei "hotzenplotz". Interessanterweise hatte ich dies nie als Nutzernamen gewählt, sondern nur als Teil meiner Gmail-Adresse. Doch scheint diese Information eingebrannt zu sein und lässt sich in Googles Kontoeinstellungen nicht ändern.
Will ich nun ein neues Gmailkonto erstellen, schreibt mir Google vor, dass die Mailadresse hotzenplotz@gmail.com sein
muss. Es gibt keine Möglichkeit das zu ändern, schließlich ist hotzenplotz mein
fester Nutzername. Ich wurde getauft, und den Namen, den ich in aller Schnelligkeit wählte war der eines stämmigen Mannes zweifelhafter Reputation. Pech, eben?
Warum nicht einfach ein neues Google-Konto erstellen, mit einem neuen Nutzernamen? Ganz einfach weil Google mich bereits als hotzenplotz eingefangen hat. Als sie es gemacht haben, wusste ich noch nicht, dass ich ein hotzenplotz werden würde, ich war ein einfacher vorname.nachname@example.com. Nun werden alle meine Kontaktdaten von meinem Handy für hotzenplotz synchronisiert, mein Kalender, den ich auch für die Arbeit benötige, ist gekoppelt an hotzenplotz, meine Google Groups Mitgliedschaften gelten nur für hotzenplotz...
Mein Ruf als gerissener Räuber wird zementiert durch ein
"bad copyright standing" auf dem - ebenfalls an das Google-Konto gekoppelten - Youtube-Konto, wegen eines lächerlichen Infringements das Paramount auf eine Titanic Parodie von uns geltend machte. Natürlich hatte auch mein Youtube-Konto mal anders begonnen.
Googles Services sind ja wirklich toll, aber will ich eigentlich wirklich meine Youtube-Verfehlungen direkt mit meinem Arbeitskalender verbunden haben? Und, hotzenplotz is a stupid name for boys.
Edit (4. August): Google sorgt zumindest für
teilweise Abhilfe. Anscheinend hat man die prinzipielle Problematik der Kopplung verschiedener Dienste zu ein und demselben Konto erkannt.
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