13
Apr
2008

Aus dem Gesichtsbuch

Was nützt eigentlich die erzwungene Einsicht des Staates bei der Einhaltung von (niedrigen) Mindeststandards im Datenschutz, wenn eine große Anzahl von Personen intime Details über sich selbst freiwillig ins Datenschutz-Nirwana katapultiert? Und sich bei "Social Networking" Diensten wie Facebook anmeldet?

Der erwartete Ansturm auf das deutschsprachige Facebook blieb bisher zwar aus, aber dennoch steigt seitens mancher Bekanntschaften schon der Druck, man möge sich doch auch bei Facebook anmelden.

Doch datenschutzrechtlich ist Facebook wohl noch bedenklicher als das auch schon in Kritik geratene StudiVZ.
So geht das englischsprachige Wikipedia in einem nicht gerade kurzen Beitrag auf häufig geäußerte Kritikpunkte an Facebook ein. Punkte, die noch schlimmer als bei StudiVZ anmuten, sind unter anderem:
  • Facebook erwähnt in seinen Terms of Use die Möglichkeit, das Nutzerprofil über weitere Quellen wie Blogs oder Informationen aus Instant-Messaging-Diensten zu "ergänzen".
  • Kontodaten bleiben gespeichert, auch wenn das Konto gelöscht wird
  • Die Server von Facebook stehen in den USA, somit unterliegen die eingegebenen Daten dem US PATRIOT Act und können daher fast beliebig von Ermittlungsbehörden abgegriffen werden
  • Seiten wie die Beacon-Protestseite werden von Facebook einfach zensiert
  • Einer von Facebooks Hauptfinanciers, ein gewisser Peter Thiel, deklariert sich offen als neokonservativer Marktfundamentalist. Ein Guardian Artikel arbeitet mögliche Schnittmengen zwischen dessen Ideologie und der Funktionsweise von Facebook heraus.
Dennoch wird Facebook in näherer Zukunft weiteren Zulauf erhalten; zumindest bis der nächste Skandal dem Nutzerwachstum wieder eine leichte, kurzfristige Dämpfung beschert. Technisch ist Facebook StudiVZ sicherlich überlegen, schon alleine durch die offene API und die Erweiterbarkeit durch eigene Applikationen ("Widgets"). Das Magazin für professionelle Informationstechnik (iX) sieht Facebook in seiner aktuellen Ausgabe (April 2008) aufgrund der Erweiterbarkeit mit eigenen Anwendungen schon als mögliches "Betriebssystem des Internets".

Sollte Facebook diese Rolle tatsächlich mittelfristig übernehmen, sollte uns auch klar sein, dass wir damit dann alle im virtuellen Big-Brother Haus arbeiten werden.

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