12
Nov
2008

Mein Blog schreibt bald der Verfassungsschutz...

... weil er mehr über mich wissen wird, als ich selbst.

Denn in Deutschland in Kraft tretende Gesetze, vor allem im Sicherheitsbereich, haben immer etwas Beunruhigendes: Mangels eigener Ideen und wegen fehlender Qualifikation Eigenmotivation der österreichischen Ministerien, werden die Gesetze des großen Vorbilds gerne im Copy & Paste Verfahren nur geringfügig angepasst und übernommen.

Law and Order Extremist Fetischist Schäuble hat ein Gesetz durch den Bundestag getrieben, das dem deutschen Bundeskriminalamt, nicht in letzter Konsequenz, aber immer noch mit beträchtlicher Härte, weitgehende Befugnisse im Abhören und Bespitzeln der Bundesbürger verschafft.

Insofern ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir in Österreich auch mit genehmigungsfreiem Abhörpersilschein für die Exekutive beglückt werden - traurig, dass heute unscharf definierte Floskeln wie "Gefahr im Verzug" ausreichen, um die Gewaltentrennung zumindest teilweise aufzuheben. Traurig auch, dass bei Journalisten künftig die Anwendung von Beugehaft zur Preisgabe der Identität von Informanten möglich sein wird - inwiefern mit solchen Methoden Terroranschläge verhindert werden sollen, muss erst erklärt werden.

Der schlimmste Punkt ist jedoch, dass mit dem Gesetz das BKA ermächtigt wird, den Bundestrojaner einzusetzen. Zwar nur mit richterlicher Genehmigung, aber dennoch. Staatlich verbreitete trojanische Pferde könnten sich für den Staat selbst als trojanisches Pferd erweisen; indem sie von Verbrecherorganisationen "gehijackt" werden, indem sie Löcher in das Sicherheitssystem von Computern reißen, die missbraucht werden können, wenn sie sich nicht rückstandslos löschen lassen, falls ein unschuldiges Opfer auf Schadenersatz klagt und und und... nicht zuletzt weil, wie ein SPD-Politiker sagt, (via):
ein erhebliches Risiko [besteht], dass Unverdächtige betroffen werden, wenn die Infiltration des Zielsystems „von außen" (über eine Internetverbindung) bewirkt wird.
Die Folgen eines so unerforschten, unkontrollierbaren und unverhältnismäßigen Technikmissbrauchs durch den Staat sind noch gar nicht abzuschätzen und könnten in der Zukunft noch so manchem Minister Magenschmerzen bereiten.

Schäuble argumentiert, dass die Landespolizeien bereits ähnliche Befugnisse genießen würden; im Falle des Bundestrojaners, ist das schon einmal falsch. Außerdem übersieht er, dass zentrale Erfassung persönlicher Daten von Bürgern der gesamten Bundesrepublik, mehr unkontrollierte und folglich missbrauchsanfällige Macht in einer einzigen Organisation bündelt. Und außerdem, wie Dr. Fredrik Roggan von der Humanistischen Union schreibt (via):
Eine generelle Zuständigkeit des BKA für die Aufklärung terroristischer Strukturen, ohne dass konkrete Gefahren vorliegen müssten, würde eine weitreichende Parallelzuständigkeit von BKA und Landespolizeien mit parallelen Befugnissen nach sich ziehen und damit die Gefahr von doppelten Datenerhebungen in sich bergen.
Fast alle Institutionen, die wirklich etwas von der Thematik verstehen, kritisieren das Gesetz. Von der BITKOM bis zur deutschen Polizeigewerkschaft (!).

Aber offensichtlich haben auch in Deutschland viele Politiker ihre Mühe damit, auf jene kleine Stimme der Vernunft in ihnen zu hören, die sie der Versuchung des Populismus und des Machtmissbrauchs widerstehen lässt.

Mehr zum Thema auch bei ravenhorst
Update: Und beim Datenschutzblog.

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