17
Aug
2008

Großinquisitor Jay C. Bybee

Beim Durchstöbern eines Wikipedia-Artikels über die Inquisition stieß ich auf eine pikante Parallele. Unter anderem wird dort auf Papst Innozenz' IV. Erlass zur Folter in Inquisitionsprozessen verwiesen, in dem es heißt (lateinischer Originalauszug):
C. 25: Außerdem soll der Podestà (Stadtherr) oder städtischen Amtsträger alle Häretiker, die er gefangen hat, ohne dass er ihnen jedoch bleibende körperliche Schäden zufügt oder sie dabei sterben, dazu zwingen, ihre Irrtümer ausdrücklich zu gestehen und andere Ketzer anzuklagen, die sie kennen.
Dass ein Inquisitionsverfahren für die Angeklagten nicht gerade ein gemütliches Kaffeekränzchen darstellte, weiß man aus den Schulbüchern und den Hollywood-Schinken; interessanter ist der Nebensatz "ohne dass er ihnen jedoch bleibende körperliche Schäden zufügt".

Das erinnert zwangsläufig an die so genannten "scharfen Verhörmethoden", die von den Amerikanern in Guantánamo-Bay angewandt werden.
In der Realität jedoch ist die allgemein in den Medien wiedergegebene Aussage, alle Verhörmethoden, die beim Opfer keine bleibenden Schäden verursachen, wären erlaubt, verkürzt.

Tatsächlich heißt es in dem für die fraglichen Verhörmethoden maßgeblichen Text, der vom Juristen Jay Bybee verfasst wurde, im Wortlaut:
Each component of the definition emphasizes that torture is not the mere infliction of pain or suffering on another, but is instead a step well removed. The victim must experience intense pain or suffering of the kind that is equivalent to the pain that would be associated with serious physical injury so severe that death, organ failure, or permanent damage resulting in a loss of significant body function will likely result. If that pain or suffering is psychological, that suffering must result from one of the acts set forth in the statute. In addition, these acts must cause long-term mental harm. Indeed, this view of the criminal act of torture is consistent with the term’s common meaning.
Das heißt, auf Grundlage dieses Textes ist der Tatbestand der Folter nur dann erfüllt, wenn zusätzlich zu Schmerzen, die sonst bei drohendem Tod oder Organversagen auftreten, auch noch langfristige mentale Schäden zurückbleiben. Mit schnippischer Überheblichkeit wird der Allgemeinheit am Ende des Schriftstücks unterstellt, diese Definition wäre sowieso das, was sie unter Folter verstünde.

Folglich werden in Guantánamo-Bay keine Inquistionsmethoden angewandt, sondern Methoden die über das hinausgehen was zur Zeit der Inquistion zumindest formal erlaubt war.

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