Cloud Computing
Mit den Namen ist es so eine Sache, "Nomen est omen" sagen die einen, mit "Namen sind nur Schall und Rauch" hingegen weiß der zynische Goethe-Kenner seine Bildung und sein Missfallen gegenüber den Bezeichnern gleichsam auszudrücken. Betrachtet man die intrasparente Woge wohlklingender Wortschöpfungen aus dem Marketingbereich neigt man eher zu zweiter Ansicht. Das gilt auch und vor allem für den IT-Bereich.
Im Business-Umfeld reden alle immerwährend von
Service Oriented Architectures, allerdings sollte man hier den Gesprächspartner besser nicht durch gezieltes Nachfragen über den Rand der Verlegenheit drängen. Dann gibt es noch
Software as a service, und, das Haupt neigt sich schon zu demütiger Ehrfurcht, das neue
Perpetuum Mobile Lieblingsprojekt der IT-Branche,
Cloud Computing.
Cloud Computing steht derzeit wohl nahe am globalen Maximum des hysterischen Hypehorizonts. Es ist völlig klar, dass Cloud Computing alle Probleme die wo es nur gibt, auf einen Schlag lösen wird.
Thin Clients
Prinzipiell soll das so funktionieren: Wie Menschen, denen die Kundenbetreuung den letzten Tropfen geistiger Gesundheit genommen hat zu berichten wissen, gibt es einen nicht zu vernachlässigenden Teil der Bevölkerung, der z.B. nicht zwischen Windows und Word unterscheiden kann und seinen PC mit den Worten "Er ist schwarz" beschreibt. In der projizierten Idealvorstellung des Cloud Computing kaufen sich solche Personen in Zukunft nur mehr einen billigen
Thin Client, also z.B. einen
Nettop, der gerade so ausreicht um einen Webbrowser drauf auszuführen. Mit diesem Webbrowser surft das wandelnde
Layer 8 Problem dann auf die Seiten von Google oder Amazon und nutzt dort - je nach Geschäftsmodell - werbefinanzierte Webdienste oder bezahlt für Rechenzeit auf potenten Servern (z.B. bei
Amazons Elastic Compute Cloud).
Zusätzlich zu dem, was er heute schon im Web macht, soll der Anwender künftig auch seine Bilder und Videos im Web bearbeiten, webbasierte MP3-Player nutzen (wie z.B. den
Yahoo Web Player), selbst geschriebene Programme auf bereitgestellter Infrastruktur ausführen usw.
So hat man auch gleich eine Verwendung für die sonst recht nutzlos umherliegenden Nettops und Netbooks, die jetzt bei allen möglichen Mobilfunkprovidern verschleudert werden.
Green IT
Diese Begrifflichkeit stammt auch aus dem
Buzzword-Bingo und sollte dem unreflektierenden Rezipienten das Gefühl geben, dass abgeholzte Regenwälder durch die ach so ökologisch rechnenden Serverfarmen wieder wachsen und ausgestorbene Walarten wieder in die Meere zurückgezaubert werden. Durch den niedrigeren Stromverbrauch der Nettops und Netbooks beim Kunden und die Ausführung der rechenintensiven Programme auf gut ausgelasteten und sparsamen Servern mit
Virtualisierungstechnik soll das unter anderem erreicht werden.
Die Realität
Netbooks mögen ja niedlich sein und
Intels Atom tatsächlich stromsparend, aber die Geräte dürften mit ihren leicht knarzenden, mit Kostendruck im Nacken verarbeiteten Plastikgehäusen und
lächerlichen minimalistischen Herstellergarantien, eher von kurzer Lebensdauer sein. Man muss sich fragen, ob sie den Energieaufwand in Produktion und Lieferung mit ihrer lebenskurzen Sparsamkeit je wieder hereinholen werden.
Und serverseitig? Ist die
Dollarnote wohl doch grüner als der Regenwald. Vielleicht kann man mit Virtualisierung, Konsolidierung und den guten alten Mainframes die Auslastung verbessern und somit Energie sparen. Aber gleichzeitig steigt die Nutzung von Internet und Computertechniken weltweit weiter und weiter. Und Anbieter setzen ja auch gerne auf
Serverfarmen mit billigen Standardkomponenten, wie Google es vorgemacht hat. Das ist vermutlich so energieeffizient wie zum Lasttransport eine Flotte von 50 VW Polos statt eines LKWs einzusetzen, aber schön billig.
Es darf also bezweifelt werden, ob Cloud Computing wirklich die ökologische Universallösung zur Rettung der Regenwälder, Wale, Gletscher und Säbelzahntiger dieses Planeten ist.
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