3
Dez
2008

Geld arbeitet doch

Gestern bin ich zufällig abends in den neondurchfluteten, ästhetisch wenig ansprechenden und noch dazu ständig im Umbau befindlichen Gängen unseres Provinzuniversitätchens herumgeirrt und wollte eigentlich nur mein Quantum Trost in Gestalt von ubuntubraunem Fair-Trade-Automatenkaffee suchen. Doch des Schicksals grausamer Willkür ist es geschuldet, dass dieser letzte Funken studentischer Freude sich an der Hartnäckigkeit eines dienstverweigernden Münzeinwurfs erstickte.

Doch eine unverhoffte Rettung fand sich in der vermeintlich unzuverlässigen Elektronik - nach einer Phase der Verzweiflung erinnerte ich mich meiner Bankomatkarte mit Quick-Chip, die dem Automaten eventuell einen Plastikbecher zu schwachen, zu süßen, doch mangels Alternativen zu akzeptierenden Kaffees entlocken könnte.

Und tatsächlich - den ersehnten Koffeinschub sollte ich erhalten können. Als ich mich schon wieder entfernte, versammelte sich jedoch eine ganze Horde weiterer, von Spuren des Entzugs gezeichneter, Studenten vor dem in allen Religionen gemeinhin verehrten Kasten, Suchtmittelausgabestelle und sozialster Ort der Uni gleichzeitig.

Das Bild, das sich mir bot, war mitleidheischend - Studenten, die, entfernt an Bart Simpson erinnernd, Münzen einwarfen, aus dem Rückgabeschacht entnahmen, wieder einwarfen, diese Prozedur in blankem Entsetzen ob ihrer Vorahnung so oft wiederholten, bis sie die Realität auch in größter Kraftaufwendung nicht mehr leugnen konnten. Also appellierte ich an meine Hilfsbereitschaft und schlug den Kommilitonen vor, dass sie mir einfach das Geld geben könnten und dafür meinen Quick-Chip verwenden.

Eigentlich dachte ich, es wäre mit der Abfertigung der ersten Ansammlung getan, doch in erschreckender Ähnlichkeit zu Zombie-Film-Klischees, entkrochen immer mehr Personen der Gefangschaft ihrer Hörsäle und Rechnerräume um ihr Verlangen nach Kaffee zu stillen.

Somit war ich unverhofft in meiner Rolle gefangen und plötzlich so etwas wie ein Dienstleister - praktisch niemand hatte das Kaffeegeld passend und alle bestanden darauf, ich solle den Rest unbedingt "für den Service" behalten (Karte im Schlitz stecken lassen? wtf?). Nach weniger als 5 Minuten hatte ich den soeben getrunkenen Kaffee schon mehr als refinanziert.

Und da soll noch jemand sagen, Geld würde nicht arbeiten.

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thumbsucker - 3. Dez, 22:04

Köstlicher Artikel :-)

Vielleicht hast du ja eine Marktlücke entdeckt. Mal schauen, ob demnächst an öffentlichen Kaffeeautomaten geschäftstüchtige Mitmenschen mit ihrer Bankomatkarte in der Linken und einer Tube Klebstoff in der Rechten Koffeinjunkies glücklich machen...

bellerophon - 3. Dez, 22:39

Hehe, könnte sein, ich bin mir aber nicht sicher wofür du den Klebstoff verwenden wollen würdest - gezielte Sabotage? ;-)
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