Technik

24
Nov
2008

Medienkontrast

Die Berichterstattung über sogenannte Raubkopierer in unseren Medien ist hinlänglich bekannt; Raubkopierer sind asoziale Kriminelle, die arme, hart arbeitende ehrliche Studiobosse Künstler um ihren sauer verdienten Lohn bringen. Vor allem der Kölner Stadtanzeiger und die Süddeutsche Zeitung, sonst eigentlich ein Qualitätsblatt, betreiben in letzter Zeit massiv Lobbyarbeit für die Filmindustrie.

Zum Beispiel tönt die Süddeutsche Zeitung lautstark:
Dabei ist schon das Herunterladen von "rechtswidrig hergestellten Vorlagen" verboten.*
Doch nun der Kontrast. Der Schweizer Beobachter schreibt unter dem sensationstriefenden Titel Zugreifen! Alles Gratis! doch tatsächlich folgendes:
Die Streamingtechnik, bei der die Dateien nicht komplett transferiert, sondern gleich abgespielt werden, beschert auch Film- und Kinofreunden ein immer grösseres Gratisangebot. Im deutschsprachigen Raum besonders beliebt ist das Portal kino.to, das die Streams von verschiedenen Servern zentral verlinkt. Die Filme, darunter auch aktuelle Blockbuster und viele Serien, laufen direkt im Webbrowser ab, sofern die notwendigen Plugins wie etwa Adobes Flashplayer installiert sind. Mit einem Streamcatcher können die Filme dauerhaft auf Festplatte gebannt werden.
Linkes Kampfblatt? Nein, Axel Springer Verlag. Unglaublich!

*Dass das eine Halbwahrheit im Stil von FUD ist, erkennt man, wenn man sich die entsprechende Rechtslage in Deutschland und Österreich genauer ansieht.

Trackback URL:
https://keinspass.twoday.net/stories/5343162/modTrackback

6
Nov
2008

Ofrauofrau

Gestern versuchte ich auf der Karrieremesse, Schülern und Schülerinnen die Vor- und Nachteile des Informatikstudiums zu erklären.

Es gibt eine Reihe an Gründen, Informatik zu studieren, wie ein tolles Betreuungsverhältnis, recht gute Jobaussichten oder die Möglichkeit in der Forschung weiterzuarbeiten, aufgrund von zahlreichen national und EU-geförderten Projekten.

Großteils durch gesellschaftlich geschaffene Rollenbildern und altmodische Sozialisierung glauben immer noch viele Frauen, ein technisches Studium wäre eine reine Männerdomäne. Dabei erstreben die Universitäten unbedingt einen höheren Frauenanteil: U.a. in Bremen gibt es ein reines Frauen-Informatikstudium, Universitäten wie die Carnegie-Mellon Universität haben ihr Studium extra so ausgelegt, dass ein höherer Frauenanteil erreichbar ist. In Österreich gibt es das Frauen in die Technik Programm.

Warum? Erstens sind technische Berufe gesellschaftlich höher angesehen, bringen bessere Verdienste und Jobmöglichkeiten. Zweitens werden traditionell männlich dominierte Domänen durch einen höheren Frauenanteil bereichert. Sowohl durch die verschiedenen Herangehensweisen und Perspektiven als auch aufgrund von sozialen Komponenten kann man von größerer Pluralität für ein Fachgebiet überwiegend positive Auswirkungen erwarten.

Warum schreibe ich das? Wegen folgendem Dialog mit einer Schülerin:

Ich: Wir haben viel zu wenig Frauen, die Informatik studieren. Deswegen wäre es wichtig, wenn mehr Frauen das Studium beginnen würden.
Schülerin: Wieso? Es reicht doch, wenn die Männer das machen.

Mit der sexistischen Sozialisierung scheint es schlimmer bestellt zu sein, als angenommen.

Trackback URL:
https://keinspass.twoday.net/stories/5304137/modTrackback

28
Okt
2008

Kreuzzug

Wie ich soeben auf heise gelesen habe:
Codeweavers verschenkt Crossover, die kommerzielle Windows-Laufzeitumgebung für Linux und MacOS. Die Aktion läuft bis morgen um 6:00. (nicht wie im heise-Artikel geschrieben, bis heute um 17:00).

Damit ist es möglich, viel genutzte Windows-Programme wie z.B. MS-Office, Photoshop und Outlook und beliebte Spiele, wie Half-Life 2 unter Linux bzw. MacOS auszuführen. Technisch basiert das Projekt auf der freien Windows-Laufzeitumgebung Wine (Wine is not an emulator), deren Weiterentwicklung Codeweavers maßgeblich fördert.

Für jede, die MacOS oder Linux einsetzt, ist das eine sehr attratives Gelegenheit, kostet Crossover Pro doch normalerweise 70$ (siehe gecachte Google-Seite, Hauptseite wegen hohem Andrang derzeit offline).

Trackback URL:
https://keinspass.twoday.net/stories/5283746/modTrackback

2
Sep
2008

Weltuntergang am 10. September?

Ich kann es kaum erwarten bis der Large Hadron Collider läuft, die Welt nicht untergegangen ist und endlich mehr über dieses mysteriöse Higgs-Boson bekannt wird. Und mich würde interessieren ob diese elende komplexe gLite-Middleware mit der mich eine gewisse Hassliebe aufgrund meiner intensiveren fachlichen Beschäftigung mit ihren Internas verbindet, bei dem ganzen Experiment mitspielt.

Weil der LHC nämlich mehr Daten als ein Rechner speichern kann schneller erzeugt als er sie verarbeiten könnte, müssen diese auf einem geographisch verteilten Rechnerverbund (alias Grid) gespeichert werden. Und ob dieses Datagrid die Petabytes von im LHC anfallenden Informationen mit seinen lose gekoppelten, getrennt entwickelten (und das ist das schlimmste: teilweise auf Webservices basierenden) Komponenten dann auch ordentlich verarbeitet, ist wohl genauso fraglich, wie ob es das Higgs-Boson denn nun gibt oder nicht.

Will man eine größere Datei abspeichern, braucht man Castor als Low-Level API, SRM zur Speicherplatzreservierung, LFC zur Registrierung einer damit verbundenen UID und/oder eines logischen Bezeichners und GridFTP zur tatsächlichen Übertragung. Ach ja, und einen gültigen VOMS-Proxy, damit man sich gegenüber dem Storage-Server authentifizieren kann. Damit hätte man allerdings erst die Datei im Datagrid indiziert abgespeichert, aber sie noch nicht im Rahmen eines Jobs verwendet.

Natürlich stammt die Komponenten keineswegs aus einer Hand. Castor wurde am CERN selbst entwickelt, SRM stammt von einer Reihe von Institutionen (u.a. CERN, Fermilab, LBNL und das italienische Nuklearforschungsinstitut), LFC kommt wiederum vom CERN selbst und GridFTP entstand im Rahmen von Globus und ist damit mehr oder weniger direkt auf das Argonne National Laboratory in Chicago zurückzuführen.

Die dazugehörigen Kommandozeilenwerkzeuge laufen ausschließlich unter Scientific Linux, was für Nutzer anderer Betriebssysteme bedeutet: APIs verwenden oder hoffen, dass jemand anders das Higgs-Boson findet. Wäre schön und gut, wären die APIs denn auch schön einheitlich. SRM ist ein Webservice und bietet somit eine SOAP-Schnittstelle, GridFTP ist über eine Java-API und eine Python-API ansprechbar, während LFC nur eine C-Bibliothek als offizielle Interaktionsmöglichkeit vorzuweisen hat. Intern verwendet der LFC ein proprietäres, binäres RPC-Protokoll (!). Immerhin ist die C-Bibliothek auch im Quellcode vorhanden.

So kann man, wenn man viel Zeit oder wie ich keine andere Möglichkeit hat, die Kommunikationsschritte des Protokolls auch in einer anderen Programmiersprache abschreiben nachprogrammieren. Angesichts dessen verwundert es eher, dass das Datagrid überhaupt funktioniert, als dass der Start des LHC öfters verschoben werden musste. "So gerade" schafft man es aber schon damit umzugehen, wenn man ein bisschen Ärger nicht scheut.

Trotzdem bin ich immer noch skeptisch, ob ich mir den kolportierten Weltuntergang tatsächlich schon für den 10. September vormerken sollte.

Aber zum Glück kann man sich die Wartezeit bis dahin noch mit dem kongenialen LHC-Rap vertreiben:



(Youtube-Video als Link)

Trackback URL:
https://keinspass.twoday.net/stories/5165252/modTrackback

23
Aug
2008

Blinder Passagier

Als Anwender des Linux-Fenstermanagers XFCE war ich etwas frustriert, dass ich zur gleichzeitigen Benützung der Instant-Messaging Protokolle ICQ und Jabber entweder auf Pidgin oder Kopete festgelegt war; ersteres nervt wegen seinem mehr als aufdringlichem Werfen des Chatfensters in den Vordergrund (bei jeder eingehenden Nachricht!); zweiteres bringt eine Menge KDE-Bibliotheken mit, die das Konzept eines Light-/Middleweight Fenstermanagers ad absurdum führen.

Als ich nach längerem Hin und Her schon aufgegeben hatte und mich fortan asketisch nur mehr auf meine Jabber-Kontakte beschränken wollte, bin ich auf eine faszinierende Technik gestoßen: Jabber-Transports. Dabei geht es darum, dass nicht mehr der Client die Verbindung zum Gegenüber in Protokollen wie ICQ, MSN oder YIM verwaltet, sondern der Server. Man unterhält nur eine Jabber-Verbindung (z.B. über einen reinen Jabber-Client) zum Server und nutzt die anderen Instant-Messaging Protokolle über Jabber sozusagen als blinder Passagier mit.

Service Discovery der Jabber Transports
Der Service Discovery des Jabber-Clients zeigt die Dienste, die der Server zur Verfügung stellt, an

Eingabefeld ICQ Nutzerdaten
Jetzt noch die ICQ-Login-Daten mitgeben

ICQ Nutzer sind kontaktierbar
Und die ICQ-Kontakte erscheinen in der Kontaktliste

Prinzipiell werden Nachrichten an ICQ-Kontakte vom Jabber-Server an den ICQ-Server weitergeleitet, also in meinem Fall von jabber.gmx.net an icq.jabber.gmx.net. Dieser kommuniziert über ICQ (genauer über das OSCAR Protokoll) mit dem tatsächlichen ICQ-Server.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Man verwaltet nur eine Jabber-Verbindung, die ICQ-Kontendaten schickt man nur über den Transport mit.

ICQ ändert wieder mal überraschend die Protokollversion? Mir doch egal, soll sich doch GMX drum kümmern, die Anbindung an den ICQ-Server wieder zu gewährleisten.
Jemand will meine IP-Adresse über ICQ rausfinden? Wird schwierig, ist der Transport doch auch gleichzeitig ein Proxy. Außerdem brauche ich in meiner Firewall nur den Jabber-Port zu öffnen, die anderen Protokolle laufen über den Transport mit. Als Nachteil kann man anführen, dass GMX eventuell die ICQ-Daten der Benutzer sammeln könnte - allerdings sollte man über ICQ sowieso nicht zu viele intime Details über sich verraten.

Im Wikipedia-Artikel zu Jabber-Transports wird diese Technik explizit als Übergangslösung angeführt - aber über die etwaige plötzliche Nichtverfügbarkeit braucht man sich zumindest bei GMX trotzdem keine Sorgen zu machen, denn der Transport existiert wohl nur wegen dem GMX.de MultiMessenger, der auch mit ICQ, MSN usw. kommunizieren kann.

Trackback URL:
https://keinspass.twoday.net/stories/5143442/modTrackback

logo

Kein Spaß

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Archiv

April 2024
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
 
 
 
 
 
 
 
 

Metainformation

Suche

 

Status

Online seit 6201 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits

Social bookmarking

Add to Technorati Favorites

Blogs

Besucher


ChitChat
Datenschutz
Politik
Sicherheit
Technik
Weltpolitik
Wirtschaft
WWW
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren