6
Feb
2009

Bloggen und Anonymität

Wenn man einigermaßen anonym bloggt, bekommt man von einigen Mitmenschen doch gewisse Vorwürfe um das müde Köpfchen geworfen. Ob man denn nicht zu seiner Meinung stehen könne, so ein bohrender Vorwurf, wovor man sich denn fürchte, eine einigermaßen unschuldige Frage und überhaupt sei man eine Ausgeburt der postmodernen Chimäre mangelnder Zivilcourage, erklingt der dialektische Todesstoß.

Prinzipiell besitzt das seine Richtigkeit, schreibt man doch auch Leserbriefe mit Namen und Adresse. Anderseits kann einem der leichte Hang zum Sarkasmus, die schmale Grenze von dort zum Zynismus und die Sensationslust von so manchen Drecksblättern Boulevardmedien den Spaß daran ziemlich verderben.

Der Blogger Axel Bringéus schrieb auf seinem doch eher unscheinbaren Wordpress-Blog einen Artikel über streikende französische Arbeiter, die ihn an einem Paris-Trip hinderten. Der Artikel schäumt nicht gerade vor klassenkämpferischer Solidarität über:
Right now I would like nothing more than for French police, whether on horseback or not, to go out to Orly Airport and bash in the heads of these disgusting French worker scumbags who might prevent me from travelling to France on Friday.

I don't want the Saltsjöbaden spirit, I want violent and bloody class warfare.

[Bild von der deutschen Invasion in Paris]

The Germanophile Frankophobe awoke in me, my eyes darkened, my ears were filled with marching music and in my mind's eye I saw these beautiful images.
Freundliche Nettigkeiten formulieren sich zwar anders, aber die sarkastische Intention ist mit etwas Gutmütigkeit auch dem ungeschulten Leser zugänglich. Die schwedische Zeitung Resumé sah das etwas anders, beförderte Bringéus in der Überschrift zuerst einmal zum Chef der Marketingabteilung von Procter & Gamble (wo er tatsächlich als Marketingassistent arbeitete) und gab dann seine Aussagen wieder.

Procter & Gamble sah sich mit "rechtsextremen Aussagen" in Verbindung gebracht, schmiss die Nerven und Bringéus raus. Dabei war er doch seiner Funktion im Unternehmen im besten Sinne treu und hat Marketing betrieben, denn angeblich gilt ja: There is no such thing as bad publicity..

Anonymität ist in solchen Fällen eben doch wie eine wärmende Decke.

Da sind wir auch schon beim Unterschied zur Tageszeitung. Weil das gedruckte Papier vergänglich ist, vergehen die Leserbriefe gleich mit. Der Google-Cache wächst jedoch genauso beständig wie manche Facebook-Profile und konsumiert ausgestreute Peinlichkeiten wie ein Ameisenstaat Nadeln um sie zu einem großen Voyeurtraumhaufen zu formen.

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27
Jan
2009

Überraschungsei

Was für nette Überraschungen man nicht erleben kann, wenn man im Internet surft. Eigentlich wollte ich ja nur an einer langweiligen Präsentation arbeiten und eine Textbox im Textsatzsystem LaTeX erstellen - und weil ich meine Kompetenz vor langer Zeit an Google outgesourct habe, wollte ich eben diese Suchmaschine konsultieren.

Google Suche LaTeX textbox

Die Universität Edinburgh hatte bezüglich LaTeX ja schon mal öfters einen ordentlichen Tipp parat. Aber weil ich auf das injizierte PHP-Skriptlein mit Redirect keine Acht gegeben habe diesmal eher nicht. Sehr um mein Wohlbefinden besorgt, warnt mich die Seite, die nun mit Edinburgh leider gar nicht mehr viel zu tun hat, vor Gemütlichkeitsübertretungen. Und das alles im Windows-Explorer Look, der so gar nicht zu meinem Linux passen mag:

Live 5 Scan Phishing Seite

Zum Glück weiß die Seite, wie ich meine Systemleistung verbessern kann und die ganzen Win32-Viren, die sich auf meinem Linux eingenistet haben sollen, loswerden kann und offeriert mir gleich den entsprechenden Installer.

Live 5 Scan Installer

Doch da muss ich mich erst einmal über eine unfassbare Frechheit echauffieren! Zuerst verspricht mir dieser freundliche Dienstleister, all meine Performance- und Virenprobleme auf einen Schlag zu lösen und dann funktioniert sein Programm doch tatsächlich nicht auf meinem Linux.

Wine Ausführung in Linux-Shell

Frustriert kehre ich zur Suchanfrage zurück und klicke erneut auf den Link. Und siehe da - offensichtlich aus dem großen Bedürfnis heraus, mir doch noch einen Service anbieten zu wollen, wird mir gleich die Seite eines weiteren Dienstleisters gezeigt. Scantrononline attestiert meinem Linux auch den Befall mit einem Win32-Wurm. Na wenn gleich zwei unabhängige Seiten das behaupten, muss ja was dran sein.

Scantrononline Phishing Seite

Aber aufgrund unsäglicher Diskriminierung funktioniert auch die Abhilfe, die mir dieser Dienstleister anbietet, nicht auf meinem System. In enttäuschter Resignation kehre ich zur Suche zurück und klicke noch einmal auf den Überraschungsei-Link. Das System, dem offensichtlich große Empathie gegeben ist, erahnt meine Enttäuschung und präsentiert mir, wie zum Trost, eine Pornoseite.

OnlineXTube Phishing Seite

Wohl um mir und meinem marktanteilsbegrenzten Betriebssystem den letzten Funken an Selbstwertgefühl zu nehmen, funktioniert aber auch der zum Porno-Spechteln benötigte TubeViewer.exe nicht. Da bleibt mir dann wohl doch nur mehr eisernes Arbeiten an meiner Präsentation, anstatt all die Annehmlichkeiten zu genießen, die das Internet dem Windows-User bietet.

PS: Das soll jetzt kein Windows-Bashing sein. Eigentlich wollte ich nur humorvoll über das ernste Problem schreiben das entsteht, wenn schädlicher Code über Sicherheitslücken in seriöse Domains injiziert wird und es dadurch dem Nutzer immer schwieriger fällt, seriöse Seiten von kriminellen zu unterscheiden. Ich habe übrigens sowohl das Google-Phishing Team als auch das University of Edinburgh Web-Team von der Lage informiert, bevor ich diesen Artikel gepostet habe.

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24
Jan
2009

Musikspielnachtrag

Ich habe gesehen, dass der enthusiastische PC-Besitzer sogar ohne lokale Installation in den Genuss eines Guitar-Hero Imitats kommen kann: Jam Legend ist ein Flash-Onlinespiel mit erstaunlich wohlklingenden Liedern von Independent Bands. Finger- und Tastaturschmerzen garantiert... Und falls mich wer zu einem gepflegten Spielduell herausfordern will - mein Benutzername dort ist auch bellerophon.

Man muss sich aber nicht anmelden um das Spiel auszuprobieren, aber wenn man sich anmeldet, merkt sich die Seite die Highscores und es werden sogenannte Accomplishments freigeschalten, wenn man in mehreren Lieder gegen den (einfach zu besiegenden) Computergegner Roxanne gewinnt.

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22
Jan
2009

Musikspielmix

Singzwang

Wer war noch nie auf einer jener Parties, auf denen überenthusiastische Mitmenschinnen unter großem Gekreische Sony-Cashcow Singstar hervorzuziehen und ihre gequält lächelnden und vergeblich hoffenden Gäste unter Aufbringung noch nie gesehenen Nachdrucks zu öffentlicher Blamage am Mikrofon nötigen? Wenn Singstar dann noch ein Exemplar peinlicherer Prägung ist (schlimmstenfalls Schlager, Après-Ski oder BoyBands vs. GirlBands), kann einem die Lust an Musikspielen schon lebenslang vergehen.

Auf Gitarren drücken...

Eigentlich schade, dabei gibt es ja auch das ganz lustige Guitar Hero. Und wer jetzt einwirft, auf einem Plastikbrett bunte Knöpfchen zu drücken und sich dabei wie ein Rockstar zu fühlen sei nicht weniger peinlich, als in ein Mikrofon zu jaulen und sich dabei wie ein Popstar zu fühlen, der kann nur weiblich sein. Auf alle Fälle gibt es von besagtem Spiel eine sehr ordentliche PC-Portierung namens Frets on Fire, bei der man das nerdige Bild des Musikspielspielers noch verstärken kann, indem man auf den F1-F5 Tasten oder den Nummertasten 1-5 der Tastatur rumhämmert. Und so Gitarrenklänge zum Besten gibt. Es hat immerhin den Vorteil, dass polizeiliche Überwacher eine Beschäftigung erhalten, wenn sie in den aufgezeichneten Abfolgen von Ziffern zwischen 1 und 5 hochkonzentriert nach versteckten Botschaften suchen - und es sieht zumindest am Bildschirm auch ganz cool aus:


(Whiskey in the jar in Frets on Fire)

Songs sind leicht zu erstellen, in Form von Midi-Tabs, einer Vorbis-Datei mit dem kompletten Lied und einer Vorbis-Datei nur mit der Gitarrenspur. Dementsprechend werden im Frets On Fire Fan Forum rege selbst erstellte spielbare Songs getauscht; man kann sich dort ausgiebig bedienen, denn Lob ist Wasser auf den Ego-Mühlen der Ersteller und ihnen zum Glück Lohn genug.

Ein witziges Flash-Minispiel ähnlichen Zuschnitts existiert mit King of Air Guitard. Das fröhliche Knöpfchendrücken hat aber vor allem im Kooperationsmodus mit etwaig anwesenden Kumpels oder Freundin eine beträchtliche Suchtkomponente und entsprechendes Zerstörungspotenzial für die Tastatur.

... und auf Musik surfen

Ein Spiel von dem man gar nicht für möglich halten würde, dass es funktioniert ist Audiosurf. Prinzipiell lädt man ein Lied seiner Wahl von einer Audio CD, MP3-, WMA-, Vorbis-Datei oder aus, bäh, iTunes und das Spiel erzeugt eine virtuelle Rennstrecke dazu. Das lustige ist, dass die Strecke genau - und das ist nicht übertrieben - zum Rhythmus des Songs passt. Nun gilt es gewisse farbige Blöcke einzusammeln und ähnlich wie in Tetris Kombinationen zu bilden. Bei Machine Head ist das ein ziemlicher Reaktionstest, während man es bei Clara Luzia überlegter angehen kann. Allerdings ist mein armes Köpfchen auch mit langsamen Stecken überfordert und denkt sich nur "buuunt". Grafisch präsentiert sich dieser spielerische Equalizer stellenweise durchwachsen, aber im Moment muss ich mich, während ich ob der Buntheit etwaige epileptische Anfälle in Zaum zu halten versuche, eh auf den unteren Bildschirmabschnitt konzentrieren:

Audiosurf Screenshot

Ein Nachteil an Audiosurf sind die 10 Euro und die Menge Zeit, die einem nach dem Kauf fehlen. Aber das Spiel ist sowohl das investierte Geld (erhältlich ist es unter anderem über Steam) als auch die verlorene Zeit wert.

Troubadix-Disclaimer

Ja, auch für diejenigen die ihre Stimme für klangvoll und Singen für Spaß halten, gibt es PC-Unterhaltung: Ultrastar Deluxe ist eine Singstar-Portierung für PC, allerdings liegen aus Lizenzgründen keine bekannten Lieder bei. Es gibt zwar Textdateien mit den entsprechenden Noten für den Import ins Spiel, allerdings funktionieren diese nur richtig, wenn man genau die gleiche Liedversion wie der Ersteller vorliegen hat. Also liebe Frauen - falls ihr vorhabt, mich bei der nächsten Party wieder zu quälen, müsst ihr euch doch eine Playstation kaufen.

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14
Jan
2009

Jedem das Seine

Und jetzt bin ich ein ganz böser Nazi weil ich das als Überschrift gebrauchte? Mal ganz ehrlich, auch wenn das über dem Eingang des Konzentrationslagers Buchenwald stand, wer weiß das heute noch (ich wusste es nicht) und welche Verbindung soll dieser Satz zu den Ideologien des Nationalsozialismus besitzen? In der nicht-zynischen Verwendung des Satzes sehe ich ihn eher als Aufforderung zur Toleranz.

Es mutet wohl eher als übertriebene political correctness an, wenn Tschibo und Esso ihre Werbekampagnen aufgrund der Geschichte dieses Spruches stoppen mussten. Ich bin sicher, in Buchenwald stand auch irgendwo "Ausgang" und plädiere dafür, sämtliche Ausgangsschilder von allen öffentlichen Gebäuden zu entfernen.

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6
Jan
2009

Das BKA und der Schlüsseldienst

Bisher ist mir die Tatsache entgangen, dass in Deutschland der Soziologe Andrej Holm verhaftet wurde, weil er konspirativ tätig gewesen sein soll. Um aus der Sicht des BKA konspirativ tätig zu sein, braucht es nur drei einfache Zutaten:
  • Gebraucht ganz böse Worte wie: Gentrification, Prekarisierung, Globalisierung oder die Ur-Beschwörungsformel des Weltterrorismus: Ungleichheit
  • Arbeitet als Soziologe, Philosoph oder in irgendeinem anderen Forschungsgebiet, das von unseren Gesetzeshütern mit langhaarigen, linken Umsturzprotestlern assoziiert wird
  • Seid "intellektuell in der Lage, anspruchsvolle Texte zu schreiben"
Die Masse noch ein bisschen verrühren mit der Teilnahme an Demonstrationen, kritischen Kommentaren oder alternativem Auftreten und schon ist unser Terrorist fertiggebacken und muss nur noch ohne Anklage in Beugehaft geschmort werden.

Doch darum geht es eigentlich nicht, sondern mehr um die Kompetenz des BKA. Desselben BKA, das die deutschen Bundesbürger zu ihrem eigenen Schutz gerne einer Permanentüberwachung aussetzen würde. Da finden die emsigen Beamten Dateien von Andrej Holm, die eventuell das Wort Prekarisierung, Gentrification oder ähnlich böse Dinge enthalten könnten. Blöd nur, dass die Dateien mit GnuPG verschlüsselt sind.

Jetzt hat das BKA das unglaubliche Glück, auch noch den Private Key in die Hände zu kriegen. Aber was haben die pösen Terroristen da gemacht? Man braucht ja glatt auch noch ein Passwort! Na schau her, wenn das schon mal kein Schuldbeweis ist, denn wer nichts zu verbergen hat... aber wegen diesen dummen liberalen Richtern und dieser antiquierten Unschuldsvermutung muss der Verdächtige das Passwort blöderweise nicht herausgeben.

Woher kriegen die Beamten nun ein Passwort? Die Analogie zum Ochsen vor dem Tor drängt sich auf und was macht man, wenn man keine Ahnung hat? Richtig, man engagiert einen externen Berater, der gerade um so viel mehr Ahnung von der Materie hat, um glaubhaft machen zu können, er kenne sich aus. In dem Fall sind die kompetenten Techniker leider an einen Wirtschaftsinformatiker geraten, der wohl etwas mehr Bedeutung auf den ersten Teil seiner Berufsbezeichnung legt, als auf den zweiten.

Verlangt also einen unverschämten Haufen Geld für eine "Machbarkeitsstudie".

Liebes BKA: So fragwürdig eure Methoden auch sind - erspart zumindest dem deutschen Steuerzahler eine Menge Geld und konsultiert Wikpedia mal zu den folgenden Begriffen: Wörterbuchangriff und Brute-Force-Methode. Besser aber noch wäre, ihr würdet Personen nicht aufgrund von Indizien verhaften, sodass ich mich nicht fürchten muss, das nächste Mal ein Konspirateur zu sein, wenn ich mein Handy zu Hause vergesse. Vielen Dank!

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5
Jan
2009

No more Mr. Nice-Guy

Ebay stoppt den Handel mit Elfenbein (leider kennt "höchste Zeit" keinen weiteren Superlativ mehr), Google ist noch anderer Meinung:

No more Mr. Nice-Guy: Elfenbein bei ebay

(thx @ Markus)

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4
Jan
2009

Uffguckbichli

Wer von euch errät, von welcher Wikipedia-Sprachversion der folgende Ausschnitt stammt?
Wikipedia iss en Uffguckbichli mit iwwer zwee hunnert fuffzich Schprooche.
edit: Falls es jemanden interessiert, es handelt sich um Pennsilfaanisch Deitsch.

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